Vom Smartphone, das beim Meditieren starb

Oder: Das erleuchtete iPhone!

Stundenlang wie ein Brezel verknotet im Schneidersitz zu hocken, hatte ich ja schon gelernt bei meiner Yogalehrerausbildung in Thailand –   meine Gedanken mal auf Standbye zu knipsen nicht. Dieser angenehme Zustand, den man beim Feiern hat, ein easy Kosmos, in dem nur der Moment zählt, der nächste Beat, das nächste Kaltgetränk… Sowas kann man angeblich auch mit Meditation erreichen, garantiert Katerfrei. Während meiner vierwöchigen Ausbildung musste ich mich jeden Morgen um 6 aus dem Bett rollen und direkt mal eine halbe Stunde meditieren. In meinem Kopf ging es zu wie in einem Affenzirkus – der Gegensatz vom Zustand des Yoga. In Patanjalis Yoga Sutras, der klassischen Yoga Schrift mit dem Leitfaden zur Erleuchtung, oder sagen wir zu einem gechillten Leben, heisst es:yogaś-citta-vr̥tti-nirodhaḥ – Yoga ist das Zur Ruhe bringen der Fluktuationen des Bewusstseins. Zu deutsch: Yoga ist der Zustand, in dem die Gedanken ihre Klappe halten. Um die 60000 sausen täglich jedem von uns durch den Kopf, und wenn ich mich nicht verzählt habe, dürften das 42 pro MINUTE sein. Ich persönlich finde das dolle anstrengend. Auch dass diese Gedanken nicht mal die Basics des Storytellings beherrschen, sie quatschen ohne roten Faden drauflos: waren sie gerade noch beim Pommesessen, mit oder ohne Majo, rutschen sie auf einmal in den letzten Streit mit dem Ex-Lieblingsmenschen ab, gehen noch mal alles haarklein durch, tun so als hätten sie das noch nie gedacht und durchdenken es nochmal von vorne und nochmal…dann hüpfen sie in die Zukunft, die ja noch gar nicht da ist, aber trotzdem muss man schon mal überlegen, was im Herbst 2018 so ansteht. So ein Affenzirkus – sagte ich ja schon!  Vom Monkey Mind zum ruhigen See. Das wollte ich lernen.

Nach Abschluss der Yogalehrerausbildung bin ich mit der Koreanerin Miok und der Venezolanerin Suni zu einem Zentrum für Meditation in der Nähe von Pai im Norden Thailands gedüst. Zum Open Mind Centre. Ein um die 60 Jahre alter Brite empfing uns. Er war wie ein wilder Sturzbach, der versuchte, so zu tun als sei er ein ruhiger See. Er fiel Suni ins Wort und hatte eine Laune zum Wegrennen. Wir merkten sofort – ui, das war keine gute Idee dort hinzufahren.  Weil es aber abends war, beschlossen wir dort eine Nacht zu bleiben, um dann morgens schnell wieder abzuhauen.

Zum Zentrum gehörten 12 Holzhütten, alle verlassen, bis auf eine. Die bewohnte eine ca. 25 jährige Holländerin, die uns ankuckte als hätte sie gerade die Teletubbies über die grünen Reisfelder flitzen sehen. Sie war seit 6 Tagen dort und bereits irgendwo anders. Es schien ihr entgangen zu sein, dass aus den Leitungen kackbraunes Wasser kam, Waschbecken und Wanne komplett rot-braun verfärbt. Suni, Miok und ich fanden die spooky Stimmung und die Farbe des Wassers echt uncool und krümelten uns dann zu dritt in eine Holzhütte. Ich legte mein Smartphone auf den Nachttisch. Morgens um 7 blinkte es wie ein Ufo, und es regierte nicht. Ich packte es erstmal ein. Wir legten dem Briten Kohle für eine Übernachtung in die Eingangshalle und rannten aus dem Mediationszentrum so schnell wir konnten. An der Hauptstrasse machten wir Anhalter, und ein netter Thai nahm uns mit nach Pai. Ich ging mit meinem Patienten, einem iPhone 4,  zum Fachladen und liess es dort untersuchen. Ich erzählte vom Handy und dem Meditationszentrum, dass es morgens nur noch blinkte statt anzugehen. Der Elektroexperte nahm es auseinander und sagte: „Lady, I am sorry, but your phone is broke. No hope.“ Das Handy hatte sich nach nur einer Nacht im Meditationszentrum in den Zustand des Nirwana oder – wie die Yogis sagen – Samadi gebracht. Es war erleuchtet. Oder um es pragmatisch auszudrücken:  Mein Smartphone hatte sich zu Tode meditiert.

Ich bin dann ohne Handy  und sowieso ohne Laptop etc. weitergereist durch Thailand und Vietnam und landete  auch deswegen in einigen strangen Situationen.  Z.B. war es nicht einfach einen normalen Wecker zu bekommen oder in Vietnam die Rückreise zu buchen, aber am Ende hat immer alles geklappt. Irgendwie.

 

Mucho Love, Yvi

Weil fast alle nur noch aufs Smartphone starren, musste dieses Schild her. Ein Jahr zuvor gab es das noch nicht. Ins Gespräch kam ich in der Shanti Lodge mit jemand, weil er ein Smartphone besass. Ich musste mal kurz ins Internet:-)

 



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