Müllfrei Reisen mit den Katzenbergers

Am Ende eines Tages bleibt auch mal eine leere Dose Sprite übrig bei der Familie Katzenberger. Die vierköpfige Familie aus Österreich ist nicht perfekt, aber sehr bewusst unterwegs. Sie lebt so gut wie müllfrei, besonders auf Reisen, da das Reisen an sich schon genug umweltschädlich ist. Franziska und Flo haben daheim in Österreich ihr Hab und Gut verkauft und sind seit einem Jahr in Asien unterwegs mit ihren Kindern Oskar, 5, und Luise, 4. Sie arbeiten vor Ort und unterstützen Umweltprojekte. Von Thailand ging es nach Malaysia: von Penang nach Borneo und über Singapur nach Indonesien. Und hier in Canggu beim Beach Clean Up traf ich die Familie. Zusammen mit Green Me Away und Trash Hero Canggu haben wir mit 30 Leuten 500 kg Müll am Beach gesammelt in nur zwei Stunden. Ganze Hausräte lagen hier meterhoch im Sand und im Gebüsch herum: 434 Flip Flops, 349 Plastikwasserflaschen, 34 benutzte Babywindeln, klaro: 744 Strohhalme und unfassbar viele Zahnpastatuben. Indonesien ist der zweitgrösste Plastiksünder der Welt.

Franziska und ihre Familie beim Beach Clean Up

Viele Balinesen haben noch kein Bewusstsein für Plastik und Müll, denn bis vor einigen Jahren war fast alles kompostierbar. Nun werfen sie auch Plastik und co neben die Palme, als wäre es organisch. 130000 Tonnen an (Plastik)Müll fallen jeden Tag an, die Hälfte davon wird ins Meer und in die Landschaft geworfen. In Bäche, vor/ neben/ hinter den Häusern,  in Gräben, Palmenfelder, vor die Reisfelder, zwischen Fischerboote, auf Friedhöfe und einfach an den Strassenrand, wo die Versuche, all das zu verbrennen, oft nur halb gelingen. Angekokelt liegt der Müll dann herum. Einige Balinesen, die begreifen, dass ihre Insel am Limit ist, bitten um Hilfe. Die Regierung schaut weg, private Firmen wie Eco Bali versuchen Schadensbegrenzung zu machen, indem sie einen Teil von der Urlaubsinsel runterbringen und recyceln.

Auf Bali wird die Situation besonders heikel, da mehr und mehr Urlauber ein Stück vom Paradies haben wollen.  Zu den Einwohnern kommen noch über fünf Millionen Touristen jährlich. Wenn man bedenkt, dass Bali kein richtiges Müllverwertungssystem hat, versteht man auch, dass jeder Strohhalm, jede Plastiktüte und jede Plastikflasche, die man konsumiert, zuviel ist. Ich sehe hier auf Bali leider viel zu wenig Bewusstsein für dieses ernste Problem, das so präsent ist, wenn man mal hinsieht. Touris lümmeln mit Strohhalmen am Strand von Uluwatu rum, abends brennen die Dinger hinter den Warungs. Ich verstehe, dass Menschen im Urlaub es sich gut gehen lassen wollen, aber das geht auch ohne Strohhalm und co. ..den Papayasaft kann man tatsächlich auch einfach so trinken, oder?

Familie Katzenberger ist ein tolles Beispiel, wie man sein Verhalten ändern kann.  Das Besondere an den vieren ist, dass sie keinen Zeigefinger erheben, sondern selbst etwas ändern, mit anpacken und auch noch Spass dabei haben wie beim Beach Clean Up in Canggu.

500 Kilo Müll am Strand bei Canggu in 2 Stunden gesammelt

Interview – als Audio weiter unten:

Yvi: Oskar und Franziska, es ist wunderbar euch hier zu treffen.

Franziska: Es ist auch schön, dich zu treffen.

Yvi: Wie ist denn der Beach Clean up gewesen, hast du etwas besonders gefunden Oskar, wo du dachtest, was macht das denn hier am Strand?   

Oskar: Ja ich haben einen Kuschelbären gefunden. Die Mama hat einen Trage und mein Papa hat einen Rollerreifen gefunden.

Yvi: Wahnsinn, und was denkst du denn, wenn du so Sachen am Strand findest?

Oskar: Ich denke: „Hä, das kann man doch nicht einfach wegschmeissen, das ist doch zum Kuscheln.

Yvi: Franziska, das war nicht euer erster Beach Clean Up, oder?

Franziska: Nein wir gehen regelmässig zu Beach Clean Ups mit den Kindern zusammen.

Yvi: Wo war es denn richtig krass auch, ich finde es total heftig, deswegen bin ich aktiv geworden. Wie ist es für Dich, was hast du gesehen?

Franziska: Für uns war es auf Borneo ganz schlimm. Weil es da kaum jemanden gibt, der irgendetwas macht oder es gibt. Oder es gibt auch Plätze da ist keiner und da wird der Müll einfach angespült und liegt dann einfach dort. Das war schlimm für uns. Weil wir auch da gewohnt haben uns unser Job da auch, war den Strand zu reinigen, an dem Strandabschnitt, wo wir gewohnt haben.

Yvi: Ihr seid ziemlich speziell unterwegs, ihr versucht so wenig Müll wie möglich zu machen, das clasht total mit dem, was ich hier in Bali sehe, wo junge Familien sind und gerne den Food Lieferservice benutzen drei Mal am Tag, geschnitten Melone kommt in Styroporboxen geliefert und ihr macht  fast das komplette Gegenteil fast Zero Waste?

Franziska: Unser Ziel ist ja überhaupt keinen Müll zu produzieren. Wir nennen das Müllfreireisen.

Yvi: Wie funktioniert das?  

Franziska: Es ist auch ein bisschen wie zuhause.

Oskar: Und keine so viele Flieger basteln..

Franziska: Papierflieger basteln, da haben wir noch keinen Riegel vorgeschoben….Man muss gut vorbereitet sein und ganz oft nein danke sagen zu vielen Strohhalmen, die man bekommt, wenn man ein Getränk bestellt, zu Styroporboxen beim Essen zu Plastiksackerln,

Oskar: Manchmal haben Leute gesagt „ich tu keine Strohhalme rein und dann haben sie es glaube ich vergessen und Strohhalm reingetan“.

Yvi: das hatte ich auch. Das ist ganz schwer aus den Köpfen heraus zu bekommen und aus dieser Handbewegung, die immer automatisch in jeden Fruchtsaft einen Strohhalm reinpackt.

Franziska: Es klappt leider nicht zu hundert Prozent, aber für uns ist Zero Waste ein Weg, den wir zusammen gehen, das heisst wir sind nicht perfekt, auch reisen ist ja an sich nicht besonders umweltfreundlich und deswegen tun wir vor Ort, das, was wir können. Das heisst wir versuchen gar keinen Müll zu machen, gehen zu Beach Clean Ups und versuchen uns mit Organisationen zu verbinden, die einfach ganz viele gute Sachen machen. Zum Beispiel auf Bali.

Yvi: Wann ist die letzte Situation gewesen, wo du nein gesagt hast…es gibt ja die 5 Rs, Refuse ist das erste..

Franziska: Die 5 R sind auf Englisch eben, Refuse, Reduce Reuse, Recycle, Rott. Auf deutsch ist das Ablehnen, Reduzieren, Wiederverwenden, Recyclen und Kompostieren.

Yvi: Wo ist es dir schwer gefallen, etwas abzulehnen?

Franziska: Naja gestern hätte ich schon gerne den Eistee getrunken, der uns angeboten worden ist, aber ich habe aufgrund dessen, dass es ein Einwegbecher war, habe ich nein Danke gesagt.

Yvi: Das ist verrückt man wird beim Beach Clean Up gesponsert von einem Restaurant und bekommt dann einen beschichteten Becher gereicht.

Franziska: Das sind so Sachen, das muss halt gut durchdacht sein und auch das funktioniert leider nicht immer hundertprozentig. Aber da ist jeder in seiner eigenen Verantwortung gefragt.

Yvi: Ist der Alltag auf Reisen, das auch noch möglichst müllfrei, nicht wahnsinnig anstrengend mit einer 4 köpfigen Familie?

Franziska: Eigentlich nicht. Es ist so wie zuhause, es gibt viele gute Tage, es gibt natürlich auch schlechte Tage, im Wechsel aber insgesamt ist es gut, sehr gut sogar.

Yvi: Was habt ihr dabei, dass ihr vor Ort keinen Müll produziert?

Franziska: Wenn wir einkaufen gehen, haben wir immer unsere eigenen Sackerl dabei, wo wir unsere Sachen reintun, das heisst wir benutzen kein Plastiksackerl, wir haben Edelstahlstrohhalme dabei für Getränke und wir haben Dosen dabei, wo man dieses ganze to go Essen reinfüllen lassen kann, wir haben einen Wasserfilter dabei, das heisst wir trinken auf der ganzen Welt Leitungswasser. Weil wir unser Wasser erst filtern, und somit müssen wir Plastikflaschen kaufen.

Yvi: Und das geht sogar mit den Kindern? Für alle, die immer Schiss haben „Oh das mit dem Wasser könnte gefährlich sein“.

Franziska: Nein, wir haben einen ganz tollen Wasserfilter, wir haben uns für eine Firma entschieden, die zu 99,99 Prozent alle Bakterien, Viren, Protozonen, schlechten Geschmack, Chlor rausfiltert, also das Wasser ist wirklich trinkbar. Wir sind seit einem Jahr unterwegs trinken hauptsächlich aus diesen Filtern und sind alle vier gesund. Also es geht!

Yvi: Und ihr habt genügend Energie, um bei den Beach Clean Ups zu helfen und so. Welche Organisation hat euch denn so richtig begeistert?

Franziska: Ganz super finde ich Trash Heros, weil sie in ganz Asien total aktiv sind. In Thailand haben die ganz viele Refillstationen, wo man sich kostenlos seine eigene Flasche auffüllen lassen kann und einzelne Personen wie zum Beispiel die Frau, die vor kurzem auf Bali einen Zero Waste Shop aufgemacht hat, weil sie gefunden hat „da muss jetzt etwas passieren, es muss die Produkte, die immer in Plastik verpackt sind, verpackungsfrei geben.“ Und solche Leute finde ich total inspirierend und  total super und das muss man unterstützen.

Yvi: Bali ist ja eine Insel, die stark struggelt mit zu vielen Touristen zu viel Konsum, es gibt kein richtiges Müllverwertungssystem, tatsächlich ist jeder Strohhalm, jede Plastikflasche zu viel. Wie siehst du das jetzt hier auf Bali, ich meine ihr bewegt euch sehr unauffällig, ich probiere es auch hier auf Bali und stelle mich um, aber – und das soll kein Zeigefinger sein – aber ich sehe viele Menschen, die noch gar nicht in diesem Bewusstsein sind, wie schwierig das hier mit dem ganzen Müll ist…

Franziska: ja ich sehe sehr sehr viele Menschen die sehr sehr viele Plastikstrohhalme verwenden oder für jedes kleine Ding eine Plastiktüte verwenden. Mir fällt auf, wenn man es selbst ändert, dass man angesprochen wird „oh was ist das? Wieso benutzt ihr eure Edelstahlstrohhalme?“ und dann kommt man total schnell ins Gespräch mit den Kellern oft auch mit den Restaurantbesitzern und mit anderen Gästen von den Restaurants und so kommt man schnell ins Thema Müll hinein und so kann man viele Leute inspirieren. Wenn man selbst etwas tut und aktiv ist, auch bei den Beach Clean ups, fällt mir auf, dass man oft auch von Locals angesprochen wird, die mitmachen wollen. Und das finde ich immer schön, dass dann auf einmal viele Leute dazukommen und Interesse zeigen.

Yvi: Und genau auf diesem Weg seid ihr gerade. Nächstes Jahr plant ihr unterwegs zu sein mit einem Wohnwagen auf einer Mission.

Franziska: Unsere Idee ist eine Tour zu machen und die Leute noch mehr zu inspirieren, das heisst wir haben vor zu Surfcamps und Campingplätze zu fahren und dort zum Thema Müll Vorträge zu halten. Workshops zu machen, City Clean ups, Beach Clean Ups und einfach zu zeigen, dass Müllvermeiden gar nicht so schwer ist, nicht zu Hause und auf nicht auf Reisen wenn man ein paar Kleine Tipps und Tricks kennt.

Yvi: Und ihr müsst natürlich auch von irgendwas leben. Wie wollt ihr euch finanzieren?

Franziska: Wir möchten gerne mit Firmen zusammenarbeiten, die das Thema Nachhaltigkeit ernst nehmen und die sagen, da muss und kann auch etwas passieren und da möchten wir gerne Kooperationen eingehen mit Firmen.

Yvi: Viel Erfolg dafür! Und bevor wir jetzt tschüss sagen, möchte ich gerne von euch wissen, was bleibt den an einem Tag übrig vom Müll bei einer 4 köpfigen Familie.

Oskar: Manchmal eine Dose Sprite!

Franziska lacht: Das stimmt, und heute drei Papierservietten, ist auch Müll, den man hätte vermeiden können……

Weitere Infos:

Trash Hero gibt es weltweit. Zur Seite für Indonesien.

Ihr findet Trash Hero in Canggu, Ubud auf Nusa Penida. Checkt dafür einfach deren Facebookseiten.

Checkt auch gerne Judith und Gabrielle von Green me away. Sie packen an auf Bali und in Ecuador. Organisieren unter anderem Beach Clean Ups.

Eine Japanerin räumt auch einmal die Woche den Strand auf. Checkt auf Facebook Keep Bali Clean.

Eco Bali räumt den Müll von den Beach Clean Ups weg und recycelt tatsächlich. Erste Gästehäuser nehmen dieses System in Anspruch und lassen ihren Müll abholen.

Seit 2011 kümmern sich Jon und Olli um den Plastikwaste in Uluwatu.

https://www.projectcleanuluwatu.com



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