Hampi – Mopedpanne in der Steinwüste

Nach Hampi fuhr ich, um meine Freundin Talia wiederzusehen. Nachdem wir zwei Wochen zusammen Yoga in einem bekannten Ashram im Süden Indiens machten, bin ich alleine lebensmüde nach Gokarna hoch und hatte meine aufregendste Zug- und Nachtbusreise ever. Talia ist weiter nach Hampi, der Stadt, die die meisten auf ihrer Bucketliste haben. Ich gehöre mit zu denen, die urteilen wenn etwas zu sehr gehypt wird: Antike Tempel und Paläste in der Steinwüste ankucken, klang für mich so sexy wie damals mit der 5ten Klasse ins Steinzeitkundemuseum zu gehen – chronische Müdigkeit vorprogrammiert. Da ich Talia aber so sehr mochte, bin ich ihr dann doch noch gefolgt und es war mein bester Impuls.

 

Hampi stellte sich heraus als das für mich bisher beeindruckendste Fleckchen Indiens. Ich stand mitten in einer Steinwüste, die so aussah als hätten Aliens Lego mit Steinen gespielt: Rundes Geröll chillte auf grossen Felsen in einem Winkel, der dazu einlud, dass es rückwärts wieder runter ging. Tat es aber nicht. Gestapelte Steine übereinander so weit das Auge reichte. Ich glotze mir die Augen fast aus und war so beeindruckt, dass ich meine Mopedfahrangst überwand und mir einen eigenen Scooter mietete. Talia hatte Schiss und fuhr mit Mahec mit, einer taffen Inderin, die sie im Zug nach Hampi kennenlernte und mit der wir einen atemberaubenden Bungalow in den Reisfeldern teilten. Mahec war so alt wie Talia und ich, rauchte Kette, trank vormittags mindestens 10 Chai und mochte mich erstmal nicht. Das merkte ich direkt ab Minute 1. Sie war eine knallharte Politikjournalistin aus Delhi, der Stadt mit der ungesundesten Luft der Welt, und einem System, das es Frauen schwer macht. Das musste sie hart machen, um zu überleben, glaube ich. Sie kämpfte für ihre Unabhängigkeit und hatte strategisch ihren potentiellen Ehemann vergrault. Das fand ich cool, aber dieses Vergraulen lag auch hier in Hampi in der Luft.  Wir mussten immer bis mittags warten bis Mahec bereit war Hampi anzukucken und dann war sie hektisch.

Mahec und Talia

Als wir losfuhren – es war meine erste Scooterfahrt ever – fuhr sie mit Talia hinten drauf los als wenn sie von wem verfolgt werden würde. Wurde sie ja auch und zwar von mir. Es war schwer als Fahranfängerin das Tempo zu halten. Nach kurzer Zeit verliess Mahec die Strasse und fuhr mitten in die Steinwüste rein. Es ging über Äste, Geröll, Löcher. Nach einer halben Stunde landeten wir vor einer Felswand, die Sonne brannte und wir mussten umkehren. Als wir die Strasse erreichten, wartete Mahec gar nicht mehr auf mich und zischte mit Talia davon. Mein Reifen zischte auch und begann zu schlingern. Erste Mopedfahrt, erster Platten, welch ein Abenteuer! Ich dachte: „Oh shit. Jetzt bin ich alleine in der Wüste…“ Ich hatte keine indische Simcard, das heisst ich konnte jetzt auch nicht anrufen, musste darauf vertrauen, dass Mahec und Talia merkten, dass ich nicht mehr hinter ihnen war. Das taten sie nicht sofort, aber  nach einer Weile kamen  sie zurück. Ich hatte noch nie einen Platten und dachte: „Das wird jetzt teuer“. Mahec blieb cool und befahl mir und Talia auf dem Felsen neben den Ziegen zu warten. Wir fanden das toll!

Sie wollte mit dem kaputten Moped ins nächste Dorf fahren. Das bekam sie ohne Probleme hin und drei Stunden später war sie zurück. Die Panne kostete kaum etwas, umgerechnet 3 Euro, die Mahec übernahm. Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Zum Sonnenuntergang bestiegen wir dann noch den Hanuman Tempel. Wie sassen zusammen da, lächelten uns an und als die dicke gelebt Kugel einen Abgang machte und der Himmel zartlila schimmerte, wurde Mahec endlich weicher.

Einen Tag später machte ich mich noch mal spätnachmittags alleine mit dem Moped los zu einem Geldautomaten in einem Dorf 30 Kilometer entfernt. Ich bedachte nicht, dass es um 18 Uhr schlagartig dunkel wurde. So musste ich alleine mit meinem Moped in der Dunkelheit zurück. Es war die schönste Mopedfahrt in meinem Leben. Das Gefühl „nachts“ alleine durch Indien zu heizen, überwältigte mich: Zwei Dinge, mit denen ich bis dahin nicht gut konnte, Scooter fahren und in der Dunkelheit alleine unterwegs sein, haben mich auf einmal begeistert.

Mucho Love Yvi

 

 

 



Eine Antwort zu “Hampi – Mopedpanne in der Steinwüste”

  1. Gesa sagt:

    danke fürs Teilen!

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